Ben
Text: Eva Schwienbacher
Foto: Emanuel Kaser
Innsbruck, März 2024
Brazilian Jiu Jitsu (BJJ) hat Ben Sliwa körperlich und mental gestärkt. Nun will der Mathe- und Physikstudent anderen mit seiner Geschichte Mut machen.
Es vergeht kaum ein Tag in Ben Sliwas Leben ohne BJJ. Täglich widmet der 25-Jährige zwei bis drei Stunden dem Training und bringt Kindern die „sanfte Kunst“, so die Übersetzung aus dem Japanischen, bei. Im Ogawa Team, einem Kampfsportverein in Innsbruck, hat Ben nicht nur eine Lebensschule gefunden, sondern auch seine Schüchternheit gegen Selbstbewusstsein eingetauscht.
„Ich war immer unsicher, ruhig und introvertiert, aber gleichzeitig extrem ehrgeizig und kompetitiv. Auch in meinem Physik- und Mathe-Studium will ich immer der Beste sein“, erzählt Ben. BJJ hat ihm nicht nur beigebracht, über sich hinauszuwachsen, keine Angst vor anderen Menschen und schwierigen Situationen zu haben, sondern auch bescheiden und ein besserer Verlierer zu sein.
Wie eine Actionfigur
Mit 18 begann Ben vergleichsweise spät mit Kampfsport. Nicht, weil er vorher kein Interesse daran hatte - schon als kleiner Junge war er von Actionfilmen und James Bond & Co fasziniert. „Ich wollte vermutlich so stark und mutig wie die Filmhelden sein“, sagt er. Doch in seinem Heimatort Berchtesgaden fehlten die Möglichkeiten. In Innsbruck, wohin die Physik ihn führte, fand er schließlich ein großes Angebot. Von Judo über Karate bis hin zu Krav Maga probierte Ben sich durch und blieb schließlich bei BJJ hängen.
BJJ ist eine brasilianische Weiterentwicklung von Judo und dem klassischen Jiu Jitsu aus Japan und hauptsächlich auf den Bodenkampf konzentriert. Mit verschiedenen Techniken wie Würge- und Hebelgriffen versucht man, den Gegner zum Aufgeben zu zwingen. „Das mag wild klingen, aber in Wirklichkeit sind wir hier alle Teddybären“, sagt Ben lachend.
Außerdem hat BJJ eine philosophisch-geistige Seite. So sind etwa Disziplin, Respekt, Anstand, innere Ruhe und Selbstbewusstsein zentrale Werte. „Ich habe durch BJJ gelernt, durchzuhalten, Schmerzen zu ertragen und mich in fordernden Situationen zu beruhigen. Das hilft mir im täglichen Leben.“ Auch anderen begegnet er dank BJJ offener. „Im Kampf lege ich mein Leben in die Hände des Gegners. Ohne Vertrauen geht das nicht.“
Mathematische Präzision
Das Erlernen der Kampftechniken folgt einem präzisen System, was Bens Zugang zu Neuem entspricht. „Die Art zu lernen ist sehr ähnlich wie in der Mathematik und Physik. Man geht systematisch vor. Am Anfang hat man keine Ahnung und scheitert hundertmal, aber irgendwann geht der Knoten auf. Das ist genial“, erzählt Ben mit Begeisterung.
Für die Zukunft hat Ben große Ziele: einen Doktortitel in Physik und den schwarzen Gürtel in BJJ. Außerdem will er andere, die ähnlich gestrickt sind wie er, inspirieren. Denn Ben hat als Einzelgänger durch BJJ eine Community gefunden. „Die Kampfkunst ist etwas Verbindendes“, sagt der Student. Und eine Möglichkeit, ganz ohne Small Talk Freund:innen zu finden.