Leandra

Text: Leonie Werus

Foto: Nicolas Hafele

Bad Häring, April 2023 

Sie weiß, was sie will: Leandra Kreisser möchte etwas verändern – und zwar nichts Geringeres als unser Mobilitätsverhalten. Mit ihren 19 Jahren ist sie bereits auf dem besten Weg dorthin.


Eine Dreiviertelstunde – so lange hat Leandra von ihrem Heimatort Bad Häring bis in die Schule gebraucht. Und nein: Ihr Gymnasium war nicht in Innsbruck und auch nicht in Schwaz, sondern in Kufstein. 15 Minuten sind es dorthin mit dem Auto, mit den Öffis also dreimal so lang. „Die Busse fahren unter der Woche bis 20 Uhr – danach musst du selbst sehen, wie du nach Hause kommst“, erzählt die 19-Jährige. Nachtbusse? Gemeinschaftstaxis? Fehlanzeige. Doch nicht zuletzt deshalb ist Leandra nun dort, wo sie ist: Nämlich im Jugendrat der EU-Alpenraumstrategie, kurz EUSALP, der im Sommer 2021 ins Leben gerufen wurde. Gemeinsam mit Botschaftern:innen aus sieben verschiedenen Ländern arbeitet Leandra hier an einem Umdenken im Bereich Mobilität.


Grau in Grau

Ganz nebenbei studiert sie Internationale Betriebswirtschaft und Psychologie in Wien. Dass es sie nach der Schulzeit in die große Stadt zieht, ist für Leandra klar, seitdem sie denken kann – die vielen Möglichkeiten und die Vielfalt dort hätten sie schon immer angezogen, wie Leandra erzählt. Ob sie denn so gar nichts an der Heimat vermisse? „Die Berge und die Landschaft, das ist klar. Gerade im Winter kann Wien ganz schön trostlos sein, so windig und grau.“ Rund zweimal im Monat geht es daher für ein Wochenende zurück nach Tirol, mit dem Zug, versteht sich: „Ein Ticket allein für die Öffis in Wien kostet schon fast 200 Euro, da rentiert sich das österreichweite Klimaticket so was von!“

Ich möchte etwas verändern, für die Zukunft möglichst viel Gutes hinterlassen.

Gutes hinterlassen

Genug Übung im Zugfahren hat Leandra bereits – spätestens, seitdem sie im letzten Jahr 16 Stunden von Nizza nach Wien gefahren ist: „Das war ein unglaublich schönes Erlebnis, die Zugfahrt entlang der Küste.“ Der erhobene Zeigefinder sei aber nicht der richtige Weg, vielmehr müsse kommuniziert werden, welche Argumente für den öffentlichen Verkehr und somit für ein nachhaltigeres Mobilitätsverhalten sprechen. Und – so viel vorweg – die Umwelt und das gute Gewissen sind nur zwei Punkte von vielen, sobald Leandra einmal zu schwärmen beginnt. Wenn eine Zugfahrt jedoch dreimal so viel kostet wie ein Kurzstreckenflug, dann sei jedoch die Politik am Zug. Stichwort Politik: In diesem Feld könnte sich Leandra auch ihre Zukunft gut vorstellen: „Ich möchte etwas verändern, für die Zukunft möglichst viel Gutes hinterlassen.“

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Was die Zukunft letztendlich wirklich bringt, das steht noch in den Sternen – vielleicht ein Praktikum am New Yorker Generalkonsulat, oder ein Masterstudium in Umweltpsychologie. Ansonsten weiß sie aber schon recht genau, was sie will – und was nicht: Ein eigenes Auto ist für Leandra wie für viele junge Leute in der Großstadt zum Beispiel kein erstrebenswertes Ziel – und schlichtweg nicht notwendig. Ob sich das ändert, wenn sie in ferner Zukunft wieder nach Tirol zurückkehrt, das wird sich zeigen. Aber vielleicht fahren die Busse in Bad Häring bis dahin ja auch am Wochenende schon bis nach 18 Uhr.

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