Helene
Text: Nico Knappe
Foto: Fabian Mühleder
Kitzbühel, Oktober 2024
Helene liegt die Welt am Herzen. Sie setzt sich für die Umwelt und Mitmenschen ein. Und setzt dort an, wo es oft am schwierigsten ist: daheim im Lokalen.
Was in Instagram Posts geschrieben wird, ist nicht immer die Wahrheit. Wenn Helene Stanger auf ihrer Pilates Coaching Seite allerdings schreibt, dass die Zeit auf ihrer Matte der beste Ausgleich zum stressigen Alltag ist, dann stimmt das. Zumindest was den gefüllten Alltag betrifft. Denn die 24-Jährige managed beeindruckend viel: mit ihrer mitreißenden Energie hat sie schon mehrere Initiativen im Bereich Nachhaltigkeit und Feminismus gestartet. Ganz nebenbei studiert Helene auch noch und arbeitet als Moderatorin fürs Kitzbüheler Stadtfernsehen.
Helene kommt aus Kitzbühel - neben der Berglandschaft vor allem bekannt für das Hahnenkammrennen und als Treffpunkt internationaler High Society. Sie wächst in einer Unternehmerfamilie auf - Papa, Mama, die Großeltern - alle selbstständig. Von Kindheit an wird sie ermutigt, selbst anzupacken. Doch anstatt den naheliegenden Weg zu gehen und sich zum Beispiel in der Tourismus-Branche zu verwirklichen, zieht es sie zum Non-Profit Bereich. Als sie in Nepal in einem Waisenhaus gearbeitet hat, ist ihr das klar geworden: “Ich interessiere mich für Wirtschaft und Unternehmensfragen, aber habe an mich selbst den Anspruch, dass es mehr sein soll als reines Wachstum”. Als sie dann nach weiteren Reisen in Asien und Amerika wieder zurück nach Tirol kommt, startet sie ihr Non-Profit-Management-Studium am MCI. Nebenbei probiert sich Helene noch an einem Jus-Studium, das ihr aber nicht ganz zusagt. Stattdessen gründet sie ihr erstes großes Projekt - die Initiative Growin. Ein Projekt, bei dem Lehrlinge konkrete Vorschläge ausarbeiten, wie ihr Lehrbetrieb nachhaltiger sein könnte. “Das geht von simplen Geschichten wie Mülltrennung bis zu unglaublich kreativen Ideen, wie kürzlich, wo Lehrlinge sich etwas für die Reststoffe in ihrem Betrieb überlegt haben. Sie haben aus den Abfällen einfach ein neues Produkt kreiert, das jetzt erfolgreich verkauft wird.” Für Helene ist Growin auch deshalb ein Herzensprojekt, weil es neben den positiven ökologischen Aspekten und den Anreizen für Firmen nachhaltig zu handeln, vor allem die Lehrlinge darin bestärkt, dass sie etwas verändern können. “Sie haben leider immer noch nicht denselben Stellenwert wie Studierende oder Maturant:innen. Das Ziel von Growin ist, ihnen Selbstwirksamkeit und Vertrauen mitzugeben.” Mittlerweile nehmen über 250 Lehrlinge aus ganz Österreich teil.
Nach ihrem Studium arbeitet Helene im Regionalmanagement - wo sie auf Führungskräfte aus verschiedenen Bereichen trifft - fast ausschließlich Männer. “Ich hab mich oft nicht getraut den Mund aufzumachen, weil ich dachte als junge Frau sowieso nicht ernst genommen zu werden.” Aber Helene fügt sich diesem Gefühl nicht. Sondern gründet einfach eine weitere Initiative. Traudi - die Vernetzungsplattform für Frauen im Tiroler Unterland. Bei regelmäßigen Stammtischen und Themenabenden tauschen sich bis zu 30 Frauen aus. Helene selbst hat female empowerment Stammtische zuvor in Innsbruck kennengelernt. Ihr war es aber besonders wichtig, das Konzept bei ihr daheim umzusetzen. “In Städten wie Wien oder Innsbruck gibt es meistens ein großes Angebot. Aber für Frauen, die wegen ihrer Kinder oder anderen Einschränkungen nicht so mobil sind, ist es umso wichtiger, dass es auch lokale Angebote gibt.”
Die Verantwortung für den lokalen Raum liegt Helene am Herzen. “Viele Jüngere wollen nicht zurück in die Heimat, weil die Menschen dort oft weniger offen sind. Aber wenn man dort nichts entgegensetzt, dann wird sich daran auch nichts ändern. Klar ist es manchmal frustrierend, wenn nicht so viele Menschen Interesse haben, wie erhofft, andererseits ist jede einzelne Erfahrung toll und wertvoll.”
Auch im Bezug auf Umweltschutz ist es Helene wichtig, daheim anzusetzen. “Wenn ich bei uns mit dem Fahrrad den Berg rauf fahre, oder mit den Ski den Pulverhang runter, dann ist mir das so wertvoll, dass ich das für mich und andere erhalten möchte.”
Im Moment studiert Helene wieder - aktuell Umwelttechnologie und internationale Beziehungen. In ihrer Masterarbeit möchte sie sich mit dem Thema erneuerbare Energie beschäftigen. Und denkt bereits über ein Start-up in diesem Bereich nach. Ganz nebenbei ist sie immer wieder als Moderatorin beim Kitzbüheler Stadtfernsehen Kitz TV zu sehen. “Unglaublich bereichernd und spannend”, nennt sie das, “Man schaut in Bereiche, denen man sonst nie so nahe kommt - ich war zum Beispiel einen Tag mit der Müllabfuhr unterwegs - wann macht man schon sowas?”
In ihren ersten 25 Lebensjahren hat Helene schon einiges ausprobiert und umgesetzt. Man darf gespannt sein, was die nächsten 25 Jahre bringen. Eins bleibt für sie auf jeden Fall klar: “Neben Umwelt- und Klimaschutz zielen alle meine Tätigkeiten darauf ab, Menschen zu empowern.” Und wer Helene erlebt, spürt, dass das nicht bloß ein Spruch, sondern ihre tiefe Überzeugung ist.