Sarah

Text: Lisa Prantl

Foto: Max Schorch

Innsbruck, Oktober 2024

Sarah Hellweger strahlt und sprüht vor Begeisterung, wenn sie über ihren Beruf als Hebamme spricht und man fragt sich, was würde es in der Gesellschaft bewegen, wenn mehr Menschen den Beruf finden könnten, der ihnen ebenso viel Freude macht.


„Es ist der tollste Beruf, den man sich vorstellen kann“, sagt Sarah und man muss es ihr glauben. Kurz vor der Matura hatte die junge Zillertalerin noch keine Vorstellung, wo ihre berufliche Reise hingehen sollte. Beim Tiroler Hochschultag stoß sie auf das Hebammenstudium und vereinbarte direkt einen Schnuppertag am Landeskrankenhaus Hall. An diesem Tag durfte sie drei Spontangeburten und einen Kaiserschnitt miterleben. Die damals 17-Jährige ist hin und weg vom Wunder Leben: „Das war so toll. Ich habe mich sofort für das Studium beworben und zum Glück auch gleich einen Platz bekommen“.


Nur 25 von circa 400 BewerberInnen konnten damals die Ausbildung starten. An ihren Plan B, am Mozarteum Klarinette zu studieren, denkt die leidenschaftliche Musikantin keine Sekunde mehr. Abwechselnd sitzt Sarah einige Wochen mit ihren KommilitonInnen im Hörsaal und lernt dann wieder im Praktikum sowohl im Kreißsaal als auch in anderen Bereichen wie Stationen, Ambulanzen oder in der Freiberuflichkeit von anderen erfahrenen Hebammen.

Am schwierigsten ist es, die eigenen Emotionen vor der Tür des Kreißsaales zu lassen.

Im fünften Semester hilft sie einen Monat lang sogar an einem Krankenhaus auf der Ostafrikanischen Insel Sansibar mit. 12 Frauen gebären dort auf der Geburtenstation zusammen in einem Raum, Schmerzmittel und moderne Geräte fehlen weitgehend. „Man bekommt ein Grundvertrauen in die Natur und schärft die eigentliche, traditionelle Hebammenkunst mit Abhören der Herztöne und Abtasten der Lage des Kindes anstelle eines Ultraschallgeräts“, schildert sie die für sie prägenden Wochen. Um ihre Patientinnen besser unterstützen zu können, eignete sich Sarah in der kurzen Zeit sogar ein paar Worte der Landessprache Suaheli an.


Heute ist die 22-Jährige die jüngste Hebamme im Kreißsaal der Klinik Innsbruck. „Am schwierigsten ist es, die eigenen Emotionen vor der Tür des Kreißsaales zu lassen. Als Hebamme begleitet man nicht selten mehrere werdende Eltern gleichzeitig, die sich häufig in sehr unterschiedlichen Situationen befinden. Die Begleitung von Stillen Geburten ist genauso Teil unserer Arbeit wie die Betreuung einer gesunden Geburt.“, schildert sie die Herausforderungen ihres Berufes. Bei sogenannten Stillen Geburten, werden Kinder zur Welt gebracht, die schon im Mutterleib aufgehört haben zu leben. Das passiere leider häufiger als allgemein bekannt, erklärt mir Sarah. Hebamme sein, bedeute auch, eine sehr große Verantwortung zu tragen ­– ein Grund für den akuten Hebammenmangel im Land, wie Sarah findet. Vor allem, weil diese Verantwortung zusammen mit dem Schichtdienst und dem oft stressigen Arbeitsalltag finanziell für viele nicht ausreichend abgegolten wird.

Als Hebamme ist Sarah auch nachts, am Wochenende und an Feiertagen im Einsatz. Entspannung findet sie in der Natur oder mit Yoga.

Ob im Tag-, Nacht- oder Feiertagsdienst, Sarah kümmert sich mit all ihrer Kraft und einem freundlichen Lächeln um die Frauen und Babys, die ihre Hilfe brauchen. Wenn sie frei hat, sucht sie den Ausgleich beim Musizieren, in der Natur oder auf der Yogamatte. Auf die Frage, wovon sie träume, antwortet Sarah: „Dass mein Beruf den Zauber nicht verliert und die Arbeit als Hebamme für mich so magisch bleibt“. Sarah Hellweger ist eine beeindruckende junge Frau, die ihre Berufung gefunden hat.

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