Noah
Text: Leonie Werus
Fotos: Nico Hafele
O-Dorf, Innsbruck, August 2022
Es ist die Freude zu helfen, die ihn antreibt: Mit seinen 23 Jahren hat Noah Coquet schon viele Leben gerettet – und sogar neues auf die Welt gebracht.
In schwarz-weißen Adiletten und mit einem charmanten Zahnspangen-Grinsen öffnet Noah mir die Türe. Er hat gerade eine Zwölfstunden-Schicht hinter sich. Seit mittlerweile mehr als drei Jahren ist Noah als Rettungssanitäter für die Johanniter im Einsatz und hat in diesem Beruf gleichzeitig seine Berufung gefunden. Zu verdanken hat er das dem Zufall, denn als Zivildiener ist er eigentlich davon ausgegangen, für den Behindertenfahrdienst unterwegs zu sein: „Und plötzlich bin ich im Sanitäter-Kurs gesessen“, schmunzelt der Bewohner einer Mühlauer Vierer-WG.
Ins Gedächtnis gebrannt
Der Alltag als Sanitäter ist abwechslungsreich und natürlich, so betont Noah, gibt es auch Einsätze, die einem nicht so schnell aus dem Kopf gehen. Situationen, in denen man einfach nicht mehr helfen kann. Menschen, die wegen eines Zeckenbisses die 144 wählen und so die Rettung von wirklich in Not Geratenen verzögern. In der Überzahl sind aber letztendlich die schönen Momente – die, in denen er weiß, warum er für diesen Beruf brennt. Besonders ein Erlebnis hat ihn geprägt: im Nachtdienst wird sein Rettungsteam zu einer Geburt gerufen. Nicht nur auf der Uhr war es fünf vor zwölf: Schon beim Eintreffen war der Kopf des Kindes zu sehen und letztendlich brachte Noah die kleine Emilia zur Welt. Am nächsten Tag hat er sie dann mit Blumenstrauß und Teddybär im Krankenhaus besucht: „Die Mutter konnte sich gar nicht oft genug bedanken.
Über Zufälle und Umwege
Inzwischen könnte er sich kaum eine erfüllendere Tätigkeit vorstellen – geschweige denn ein Leben als Einzelhandelskaufmann, wie ursprünglich geplant. Wie so viele wusste auch Noah nach der Schule nicht recht, was er mit seinem Leben anfangen sollte, und ist schließlich in einem Bekleidungsgeschäft gelandet. Dass das nichts für ihn ist, hat sich dann schnell herausgestellt – durchgezogen hat er die Lehre trotzdem. Anschließend ist er als Gondelführer 13 Stunden lang täglich die Hungerburgbahn auf und ab gefahren, hat dabei viel über Menschen und deren Verhalten auf engstem Raum gelernt.
(Un)Sichere Zukunft
Auch wenn der Alltag als Rettungsanitäter mitunter aufreibend ist, ist für Noah klar: „Das ist genau, was ich auch in Zukunft machen möchte.“ Studieren? Irgendwann vielleicht, vielleicht auch nicht. Nur eines steht fest: Jeden Tag lebt er so, als wäre es sein letzter – sieht er doch täglich, wie schnell nichts mehr so ist, wie es war.